83 Unfall und Mensch
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Das Ziel der vorliegenden Arbeit war der Vergleich verschiedener Stauendewarnungen hinsichtlich ihrer Effekte auf die Fahrsicherheit. Hierfür wurden im Rahmen einer Fahrsimulatorstudie mit N = 32 Probanden mit Bewegungssystem on-trip Warnungen vor Stauenden auf Autobahnen untersucht. Es wurden in zwei Verkehrsbedingungen ("mit Verkehr" vs. "ohne Verkehr": Stauenden werden mit oder ohne Umgebungsverkehr erreicht) jeweils zwei Stauendearten simuliert: (1) Umgebungsverkehr bremst kurz vor dem Stauende plötzlich ab ("hartes Stauende") bzw. Stauende ist durch die Streckengeometrie nicht einsehbar ("verdecktes Stauende") vs. (2) Umgebungsverkehr reduziert die Geschwindigkeit vor dem Stauende graduell ("weiches Stauende") bzw. Stauende ist einsehbar ("unverdecktes Stauende"). Zudem wurde der erstmalige Zeitpunkt der Warnung ("3.5 km" vs. "1.5 km" vs. "0.3 km" vor Stauende) und die Warnpräzision ("präzise Warnung": Distanz zum Stauende wird angezeigt und regelmäßig aktualisiert vs. "unpräzise Warnung" ohne konkrete Distanzangabe) variiert. Außerdem wurden Stauenden in einer nicht-gewarnten Kontrollfahrt angefahren. Es wurde ein Bewertungskonzept für die Fahrsicherheit entwickelt, anhand dessen die eingeführten Warnkonzepte mittels Indikatoren für Längs- und Querregelung, Ereigniserkennung und Probandenbefragung verglichen werden können: (1) Die Rohdaten verschiedenartiger Indikatoren wurden in einem deskriptiven, graphischen und inferenzstatistischen Vorgehen interpretiert und (2) die so ermittelten Kennwerte wurden in eine integrierte statistische Auswertung mittels TOPSIS (Technique for Order Preference by Similarity to Ideal Solution), das einen standardisierten Vergleich verschiedener Warnalternativen ermöglicht, überführt. Dieses Bewertungskonzept wurde auf die in der Fahrsimulation aufgezeichneten Daten angewendet, so dass für die eingeführten Variationen der Stauendearten (Warnpräzision und Warndistanz) in Abhängigkeit der Verkehrsbedingung eine vergleichende Bewertung der Sicherheitswirkungen ermöglicht wurde. Durch eine ergänzende kritische Einordnung der Ergebnisse und des Versuchsaufbaus dienen die Ergebnisse als Entscheidungsunterstützung bei der Entwicklung und Einführung von Stauendewarnungen.
Befragungen zum Rehabilitationsverlauf bei 1.631 MPU-Kandidaten aus dem gesamten Bundesgebiet haben ergeben, dass sich etwa die Hälfte (52,6%) aller Betroffenen ausreichend bis optimal informiert fühlten. Die andere Hälfte (47,4%) bewerteten die Informationslage eher als schlecht. Die Mehrzahl aller Betroffenen gab jedoch an, dass sie wichtige Informationen hinsichtlich der Erfüllung von Voraussetzungen für die Wiederherstellung ihrer Fahreignung erst nach aufwendiger Suche, zu spät oder gar nicht erhalten haben. Gleichwohl nehmen 43,7% der Ersttäter " wenn auch überwiegend verspätet " an Kurs- und Beratungsmaßnahmen vor ihrer ersten MPU teil. Diesen Personen gelingt es immerhin zu annähernd 70%, ein positives Gutachten zu erhalten. 7,6% erhalten eine Kurszuweisung. Die Gruppe derjenigen, die im Vorfeld der Begutachtung keine Beratung absolviert haben, sind nur etwa halb so häufig erfolgreich (37,1%) und erhalten etwa dreimal so häufig eine Kurszuweisung (21%). Den wenigsten Personen ist mangels Information und Problembewusstsein rechtzeitig verständlich, dass es langfristig angelegter Einstellungs- und Verhaltensänderungen bedarf, um die Fahreignung wiederzuerlangen. Hieraus ergeben sich zwangsläufig erhebliche und unerwartete Zeitverluste. Betrachtet man die Gruppe derjenigen, die frühzeitig und aus Sicht der Begutachtungsleitlinien auch rechtzeitig die für sie entscheidenden Informationen erhalten haben (ohne eine Schulungsmaßnahme besucht zu haben), so zeigt sich, dass 62,4% dieser Personen im ersten Anlauf ein positives Gutachten erhalten. Sofern diese frühzeitig informierte Personengruppe außerdem auch noch vor der ersten MPU eine Schulungsmaßnahme besucht hat, so steigt die Erfolgsquote beim ersten Anlauf auf 81% an. Weitere 6% erhielten eine Kurszuweisung. Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Kombination aus einer frühzeitigen Versorgung mit Problem relevanten Informationen und einer Beratungsmaßnahme einen erheblich positiven Einfluss auf den Rehabilitationserfolg ausübt (Steigerung von 37,1 auf 81%). Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wird empfohlen, spätestens zu Beginn der Sperrfrist eine obligatorische Statusdiagnostik mit Beratung und individueller Maßnahmenplanung zu installieren. Die gesamte Rehabilitationsphase könnte dadurch für die Betroffenen nachhaltiger, effizienter und nachvollziehbarer gestaltet werden. Ein solches Vorgehen dürfte sich nicht nur positiv auf die Rückfallraten auswirken sondern auch die Akzeptanz der behördlichen Maßnahmen inklusive der Fahreignungsbegutachtung im Anschluss an die strafprozessualen Maßnahmen erheblich steigern.
Die steigende Lebenserwartung sowie die geringe Geburtenrate führen zu einer Alterung der Gesellschaft, die sich schon heute bemerkbar macht und sich in den nächsten Jahrzehnten noch verstärkt auswirken wird. Damit verbunden ist eine relative Zunahme von Auto fahrenden Senioren. Immer mehr ältere Menschen orientieren sich an einem aktiven Lebens- und Freizeitstil. Dabei spielt der Pkw eine herausragende Rolle - ermöglicht er doch oft erst die Aufrechterhaltung von Mobilität und Unabhängigkeit. Gleichzeitig kann es jedoch mit fortschreitendem Alter zu verschiedenen körperlichen oder geistigen Leistungseinbußen kommen, die möglicherweise die Fahrleistung beeinflussen. Vor diesem Hintergrund rückt die Frage nach den Unfallrisiken älterer Kraftfahrer weiter in den Mittelpunkt des Interesses. Das von der Bundesanstalt für Straßenwesen geförderte Projekt PROSA (Profile von Senioren mit Autounfällen) setzte sich zum Ziel, den Einfluss altersbedingter Leistungseinbußen auf das Unfallrisiko differenzierter zu betrachten. Am Zentrum für Alternskulturen der Universität Bonn wurden Profile von Senioren untersucht, die in einen Autounfall verwickelt waren, und es wurde der Frage nachgegangen, welche Bedeutung diese für die Ableitung von Interventionsmaßnahmen haben. Im Großraum Bonn wurden dazu 180 Senioren mit einem Mindestalter von 65 Jahren interviewt, die in den letzten fünf Jahren als Fahrer eines Pkws in einen Unfall verwickelt waren. Die Teilnehmer wurden zu individuellen Leistungsbeeinträchtigungen und Persönlichkeitsmerkmalen sowie zu ihrer Fahrbiographie und Unfallgeschichte befragt. Darüber hinaus wurde eine Teilstichprobe von 50 Teilnehmern einer internistisch-verkehrspsychologischen Untersuchung sowie einer Fahrverhaltensprobe unterzogen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass das Alter allein kein Prädiktor für individuelle Leistungsfähigkeit und Unfallrisiko darstellt. Vielmehr scheinen spezifische Kombinationen aus alterskorrelierten Einbußen und Krankheit zu einem erhöhten Risiko zu führen. Diese Heterogenität sollte vor allem bei interventiven Maßnahmen und bei künftigen Forschungen berücksichtigt werden.
Um das unverhältnismäßig hohe Unfallrisiko junger Fahranfänger zu senken, werden derzeit unterschiedliche Maßnahmen verfolgt. Zu diesen Maßnahmen gehören unter anderem die Optimierung der Fahrausbildung sowie der theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfung. Das Ziel des von der Bundesanstalt für Straßenwesen in Auftrag gegebenen Projektes "Neue Aufgabenformate in der Fahrerlaubnisprüfung" bestand in der wissenschaftlichen Fundierung möglicher Maßnahmen zur Verbesserung der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung. Große Vorteile werden dabei in der Verwendung von PCs bei der Durchführung der theoretischen Prüfung gesehen, unter anderem bei der Organisation, Flexibilisierung und Objektivierung der Prüfung. Darüber hinaus ergibt sich bei einer computerbasierten Testvorgabe aber auch die Möglichkeit, situationsnähere Präsentationsformate (z.B. dynamische Darstellungen) und handlungsnähere Antwortformate (z.B. Reaktionszeiterfassung) in die Prüfung einzubeziehen. Mit Hilfe innovativer Aufgabenformate (z.B. Hazard Perception-Tests) könnten handlungsnahe Kompetenzen (wie z.B. die Wahrnehmung bzw. Antizipation von Gefahren) schon in der theoretischen Prüfung standardisiert erfasst werden. Im vorliegenden Projekt wurden neue Aufgabenformate entwickelt, um sie auf ihre testpsychologische und lehr-lerntheoretische Eignung zu überprüfen. Insbesondere wurde dabei der Einsatz dynamischer Darstellungsformate berücksichtigt, der aufgrund der Nähe zur natürlichen Wahrnehmung im Fahrkontext als besonders vielversprechend betrachtet wird. Unter Berücksichtigung empirisch fundierter Gestaltungsprinzipien aus der Lehr-Lernforschung wurden verschiedene Aufgabenformate entwickelt, mit deren Hilfe auch die Erreichung derjenigen Lehrziele der Fahrerlaubnisprüfung erfasst werden kann, die bisher noch nicht in angemessener Form abgeprüft werden. Die im Projekt konzipierten Aufgabenformate (Wissensaufgaben, Einschätzungsaufgaben, Reaktionszeitaufgaben) wurden jeweils in zwei Präsentationsformaten (statisch vs. dynamisch) erstellt. Beide Versionen des Aufgabenmaterials wurden in zwei Vorstudien zunächst durch Experten-Novizen-Vergleiche auf ihre Kriteriumsvalidität untersucht (Experten: Personen mit einer Fahrerlaubnisbesitzdauer von über zwei Jahren; Novizen: Personen ohne Fahrerlaubnis). Dabei zeigte sich, dass ein handlungsnahes Reaktionszeitaufgabenformat (ähnlich den sogenannten Hazard Perception-Aufgaben) als besonders kriteriumsvalide zu bezeichnen ist. Experten übertrafen Novizen bei diesen Aufgaben. Es wurden zudem Vorteile für den Einsatz dynamischer Darstellungen von Verkehrsszenarien innerhalb der Testaufgaben ermittelt. Um festzustellen, inwieweit die Aufgaben mit dynamischem Material die Leistungsentwicklung von Fahrschülern während ihrer Fahrausbildung abbilden können, wurde eine Längsschnittuntersuchung mit drei Messzeitpunkten durchgeführt. Es zeigte sich, dass sich die Fahrschüler in allen eingesetzten Aufgabenarten über die Zeit verbesserten. Dabei erreichten die Fahrschüler während ihrer Ausbildung das Leistungsniveau von erfahrenen Fahrern lediglich für die Aufgaben, mit denen deklarative Wissensinhalte zur Gefahrenlehre und zu Faustregeln erfragt wurde. Bei Reaktionszeitaufgaben, die handlungsnah eher prozedurales Wissen erfassen sollten, steigerten die Novizen ihre Leistung zwar über die Zeit, waren aber nicht in der Lage, das hohe Niveau der Experten zu erreichen. Der Einsatz dynamischen Materials in der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung kann prinzipiell " bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen " empfohlen werden, da die Kriteriumsvalidität der Aufgaben mit dynamischem und statischem Material vergleichbar war. Darüber hinaus sind die dynamischen Aufgaben jedoch als ökologisch valider einzuschätzen. Eine Steigerung der Handlungsnähe und eine damit verbundene weitere Verbesserung der Aufgabenformate ist ein Ansatzpunkt weitergehender Forschung. Im Rahmen der Projektbearbeitung wurde außerdem das Manual "Prinzipien zur Erstellung von multimedialen Testaufgaben für die Fahrerlaubnispruefung erarbeitet. Das Manual ist als Anhang beigefügt.
Evaluation der Freiwilligen Fortbildungsseminare für Fahranfänger (FSF) : Wirksamkeitsuntersuchung
(2011)
Fahranfänger sind besonders gefährdet, im Straßenverkehr an einem Unfall beteiligt zu sein. Um die Gefährdung der Personengruppe zu reduzieren, wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, zu denen auch eine Erweiterung der Fahrausbildung gehört, die eine aktive Erfahrungsbildung von Fahranfängern im Straßenverkehr unterstützt und die Ausbildung besonderer sicherheitsrelevanter Kompetenzen fördert. Durch die Verordnung über die freiwillige Fortbildung von Inhabern der Fahrerlaubnis auf Probe vom 16.05.2003 wurde die Rechtsgrundlage für die Erprobung einer zweiten Ausbildungsphase der Fahrerausbildung geschaffen. So werden seit dem Jahr 2003 von Fahrschulen Freiwillige Fortbildungsseminare für Fahranfänger (FSF) angeboten. Die Seminare können frühestens sechs Monate nach dem Führerscheinerwerb der Klasse B besucht werden und führen zu einer Verkürzung der regulären oder verlängerten Probezeit um maximal ein Jahr. Der vorliegende Bericht enthält die Ergebnisse der summativen Evaluation, die, entsprechend der gesetzlichen Vorgaben zur Überprüfung der Sicherheitswirksamkeit von FSF, im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) vom Zentrum für Evaluation und Methoden (ZEM), Universität Bonn, durchgeführt wurde. Ziel von FSF ist, die Unfallraten junger Fahrer durch eine Beeinflussung der Verkehrssicherheitseinstellungen zu verringern. Als Kriterium für die Überprüfung der Maßnahmenwirksamkeit wurden daher die durch FSF-Teilnahme erzielten Einstellungsveränderungen verwendet. Dazu wurden Teilnehmer von FSF mit einer parallelisierten Stichprobe von Nicht-Teilnehmern hinsichtlich ihrer fahrsicherheitsrelevanten Einstellungen und Kompetenzen über einen Beobachtungszeitraum von sechs bis zwölf Monaten miteinander verglichen. Die relevanten Indikatoren wurden mittels eines Fragebogens maximal viermal erfasst. Zur Prüfung der Wirksamkeit wurden folgende Vergleichsbetrachtungen angestellt: (1) Unterschiede zwischen Experimental- und Kontrollgruppe zu jedem der Messzeitpunkte. (2) Veränderung der Einstellungen in der Experimental- und Kontrollgruppe über die Messzeitpunkte hinweg. (3) Die kombinierte Betrachtung der Unterschiede zwischen den Gruppen und zwischen den Messzeitpunkten erlaubte eine Aussage darüber, ob die FSF-Teilnehmer über die Messzeitpunkte hinweg und relativ zur Kontrollgruppe günstigere Einstellungsausprägungen im Sinne der Verkehrssicherheit auch bei insgesamt abnehmenden Werten erzielen. Eine Wirksamkeit von FSF konnte für die Mehrzahl der Indikatoren nicht nachgewiesen werden. Für die Risikobereitschaft, die kritische Selbsteinschätzung des Fahrkönnens, das Gefahrenbewusstsein und die Einschätzung der Verkehrssicherheit beim Fahren waren positive Effekte nachweisbar, diese waren jedoch entweder äusserst gering, zeitlich nur von kurzer Dauer oder konnten in der Kontrollgruppe im gleichen Ausmaß nachgewiesen werden. Einzig das Gefahrenbewusstsein war bei FSF-Teilnehmern auch beim dritten Befragungszeitpunkt deutlich höher ausgeprägt als bei Nicht-Teilnehmern. Eine umfassende Wirksamkeit von FSF konnte damit nicht nachgewiesen werden. Offen bleibt, ob das Programm generell keinen Einfluss auf sicherheitsrelevante Einstellungen und Kompetenzen hat, oder ob die Seminare nicht ihrer Konzeption gemäß durchgeführt werden und daher der positive Einfluss nicht zu erreichen und nachzuweisen ist.
In der Prozessevaluation wurden 3.780 Modellversuchsteilnehmer während der Phase des begleiteten Fahrens bis zu viermal und 1.735 Begleitpersonen einmalig zu unterschiedlichen Aspekten der Maßnahmenumsetzung befragt. Die Teilnahmegründe der Jugendlichen und ihrer Begleiter ließen erkennen, dass das Begleitete Fahren als Bestandteil der Fahranfängervorbereitung gut in den altersspezifischen Lebensabschnitt der jungen Fahrer integriert werden konnte. Insgesamt belegen die Befunde eine große Zugangsfreundlichkeit des Modells und eine hohe Praktikabilität. Im Durchschnitt erbrachten Jugendliche an Tagen mit Begleitfahrt eine Fahrleistung von 32,4 km (Median: 24,0 km). Monatlich wurde eine mittlere Fahrleistung von 318,5 km erbracht. In durchschnittlich acht Monaten Begleitdauer erwarben die Jugendlichen etwa 2.400 km Fahrpraxis. Bei voller Ausschöpfung der Begleitdauer von zwölf Monaten ergab sich eine durchschnittliche Fahrleistung von 3.800 km. Hauptfahrtzwecke waren private Fahrten (Familie, Besuche), Haushaltserledigungen, Freizeitfahrten und Fahrten zur Schule / Ausbildung. Hinsichtlich der Interaktion zwischen Fahranfänger und Begleiter ergibt sich auf der Grundlage zahlreicher Einzelbefunde das Bild einer angemessenen Rolleninterpretation und -ausübung im Sinne eines konstruktiven Zusammenwirkens von Fahranfänger und Begleiter beim fahrpraktischen Kompetenzerwerb. Im Verlauf der Begleitphase war eine deutliche Abnahme unsicherer Fahranfänger zu beobachten. Dies ist Ausdruck des subjektiv wahrgenommenen Zuwachses von Fahrerfahrung während der Begleitphase. Unfälle, Verkehrsverstöße und Verwarnungen in der Begleitphase wurden behördlicherseits nur in geringem Umfang berichtet. Dies lässt erkennen, dass die Maßnahmenpraxis den gebotenen Verkehrssicherheitserfordernissen in hohem Maße gerecht wird. Die erhebliche Ausweitung der fahrpraktischen Vorbereitung durch das Modell "Begleitetes Fahren ab 17 Jahre" hat zu einer strukturellen Veränderung der Fahranfängervorbereitung in Deutschland geführt. Die gegebenen Möglichkeiten hinsichtlich der Nutzungsdauer der Begleitphase und des Umfangs der erbrachten Fahrleistung erscheinen gleichwohl noch nicht ausgeschöpft und empfehlen sich daher als Gegenstand künftiger Optimierungsanstrengungen. Neben der vertieften Ausschöpfung des originären Maßnahmenpotenzials eines längerfristigen fahrpraktischen Erfahrungsaufbaus empfiehlt sich zudem eine sinnvolle Verbindung dieses Maßnahmenansatzes mit weiteren zielführenden Maßnahmen im Rahmen eines integrierten Systems der Fahranfängervorbereitung in Deutschland.
Der Bericht wurde in einem Forschungsprojekt der mit der Fahrerlaubnisprüfung beauftragten Technischen Prüfstellen erarbeitet. Die methodischen Grundlagen der praktischen Fahrerlaubnisprüfung werden beschrieben und die Möglichkeiten zu ihrer Weiterentwicklung analysiert. Die praktische Fahrerlaubnisprüfung sollte zur Sicherung ihrer inhaltlichen Validität und zur Erhöhung ihrer Objektivität Prüfungsaufgaben beinhalten, die aus den Anforderungen des heutigen Straßenverkehrs abgeleitet wurden und eindeutig beschrieben sind. Diese Prüfungsaufgaben wie auch die Beobachtungskategorien, Bewertungskriterien und Entscheidungskriterien sollten hinreichend standardisiert sein. Für eine handwerklich akzeptable Kompetenzprüfung ist daher die Anwendung eines speziellen Prüfungskonzepts erforderlich, das dem Fahrerlaubnisprüfer Handlungsspielräume bei der Gestaltung der Anforderungssituationen und Ermessenspielräume bei der Bewertung des gezeigten Problemlöse- beziehungsweise Fahrverhaltens bietet. Dieses Prüfungskonzept wird durch eine adaptive Prüfstrategie geprägt, die im Rahmen eines kriteriengeleiteten Beurteilungs- und Entscheidungsprozesses umgesetzt wird. Dazu wird unter anderem empfohlen, den bestehenden Fahraufgabenkatalog einschließlich der Grundfahraufgaben inhaltlich zu modernisieren, zu straffen und zu restrukturieren. Es wird darauf hingewiesen, dass die praktische Fahrerlaubnisprüfung in ein übergreifendes System der Fahranfängervorbereitung eingebettet ist, in dem sie verschiedene Funktionen und ein unterschiedliches Aussehen besitzen kann. Neben konkreten Empfehlungen zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Prüfung werden weiterführende Fragen angesprochen und eine stärkere Berücksichtigung der Fortschritte der Fahrzeugtechnik und die Einbeziehung regionaler Unfallschwerpunkte bei der Prüfung diskutiert.
Das Forschungsprojekt hat zum Ziel, Straßenverkehrstunnel sicherer zu gestalten und Verkehrsteilnehmer bei Störungen schnell und sicher zum richtigen Verhalten anzuleiten. Als Ausgangsbasis diente eine Internetbefragung mit 423 Personen aller Altersgruppen über den Wissensstand der Nutzer (Ausstattung von Tunneln, Verhalten). So würden 16% der Befragten im Fahrzeug bleiben, wenn im Tunnel nur Feuer und Rauch zu sehen ist, 19% wissen nicht, was zu tun ist und 42% überschätzen die bei einem Brand zur Evakuierung zur Verfügung stehende Zeit. Die Betroffenen bleiben bei Feuer und Rauch zu lange im Fahrzeug sitzen. Eine Umfrage unter Tunnelbetreibern gibt den aktuellen sicherheitstechnischen Stand und Art und Umfang der Notfallpläne wieder. Lärmmessungen in ausgewählten Tunneln zeigen die Möglichkeiten akustischer Informationen auf. In Experimenten wurden wesentliche Gestaltungsfragen geklärt: Optische / haptische Möglichkeiten: Um zu prüfen, wie Personen aus einer verrauchten Umgebung schnellstmöglich evakuiert werden können, werden in einer Bunkeranlage (mit Theaterrauch und Lärm-Beschallung, n = 54) verschiedene Leitmöglichkeiten experimentell untersucht: Lauflichter, Dioden-Laser-Modul, Handlauf, sowie eine Kombination daraus. Wenn zum Auffinden des Notausgangs ein Queren des Tunnels erforderlich ist, eignet sich besonders eine Kombination aus optischen und haptischen Hilfen. Akustische Möglichkeiten: Es wurden sowohl Sprachdurchsagen per Lautsprecher für herkömmliche (schlecht verständliche), sowie für neuartige Hornlautsprecher (wegen geringeren Echos besser zu verstehen), für Radio-Durchsagen, als auch akustische Signale für extreme Störfälle entwickelt. Die Sprachausgaben sind kurz gefasst und entsprechen den Erkenntnissen der Psychoakustik und Linguistik. Bei Tunnelbränden ist es sinnvoll, die Sprachausgaben durch akustische Signale in Form spezifischer "Sounds" zu ergänzen oder zu ersetzen, die gut lokalisierbar und in ihrer Wirkung selbsterklärend sind, die Fahrzeuginsassen zum schnellen Verlassen des Fahrzeugs veranlassen und das Auffinden der Notausgänge erleichtern. In einer Versuchsserie (Bunkeranlage, Verkehrslärm 80 dB(A), Geräusche Strahlventilator 78 dB(A)) mit je 40 Personen aller Altersgruppen wurden zahlreiche "lockende" und "treibende Sounds" verglichen. Als "lockende" Sounds, die die Probanden zum Ausgang leiten sollen, wurden unter anderem verschiedene Vogelstimmen, Musikinstrumente, eine Singstimme ("Hier her"), eine Sprechstimme (zum Beispiel "Please, exit here"; "Der Notausgang ist hier") und weißes Rauschen erprobt. Die aversiven Signale, die Personen zum Verlassen des Fahrzeugs und des Tunnels veranlassen sollen, wurden mit einer Orgelpfeife mit ca. 7 Hz, sowie mit einer Bassbox (Frequenzgang von ca. 25 -100 Hz) erzeugt. Außerdem wurden weitere Signale, zum Beispiel eine Feueralarm-Sirene, erprobt. Um in einer Notfallsituation im Tunnel Menschen dazu zu bewegen, aus ihrem Fahrzeug auszusteigen und zu flüchten, eignet sich entweder der Bass-Sound "Sägezahn" (Periode 10 auf 50 Hz) oder ein dunkler Ton aus der Orgelpfeife (7 Hz). Die tiefen Frequenzen werden als sehr unangenehm empfunden. Bei diesen Sounds sind die meisten richtigen Interpretationen zu verzeichnen und die Emotionen, die geweckt werden, eignen sich dazu, Menschen aus dem Tunnel zu treiben. Um Personen in der Geräuschkulisse eines Tunnels zu einem Notausgang zu locken, ist, entgegen den bisherigen Aussagen in der Literatur, das weiße Rauschen (ohne Zusatz) nicht zu empfehlen. Vielmehr eignet sich der Song "Hier her" (weibliche Altstimme, getragen, Rufterz), im Wechsel mit dem Lockgesang des Rotkehlchens, das mit weißen Rauschen hinterlegt ist. Ebenfalls empfehlenswert ist die Sequenz "Der Notausgang ist hier" - "Rotkehlchen mit weißen Rauschen hinterlegt" - "Please, exit here". Diese Signalkombinationen sind sehr gut zu orten, werden im richtigen Sinne interpretiert und positiv beurteilt. Die verschiedenen Systeme müssen hierarchisch aufeinander abgestimmt eingesetzt werden, wobei das entsprechende Stör- beziehungsweise Notfall-Szenario zu beachten ist. Die in dieser Studie gefundenen Erkenntnisse sind mit vergleichsweise geringem Aufwand in die Praxis umzusetzen und gut geeignet, die Sicherheit bei Störfaellen in Tunnel deutlich zu verbessern.
Der vorliegende Abschlussbericht des von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) initiierten Projekts behandelt Fragestellungen, die sich auf verschiedene Gebrauchsarten ausgewählter Fahrerassistenzsysteme (FAS) - vom "korrekten Gebrauch" bis hin zum "Fehlgebrauch" - beziehen. Das unmittelbare Gebrauchsverhalten dreier zukünftiger Systeme FCW (Frontal Collision Warning), BSW (Blind Spot Warning) und CSA (Curve Speed Assistant) wurde experimentell im Fahrsimulationslabor untersucht. Der Gebrauch zweier am Markt verfügbarer Systeme, ACC (Adaptive Cruise Control) und Spurassistent, wurde anhand subjektiver Daten per Fragebogen- beziehungsweise Interviewmethode erhoben. Die ausgewählten drei zukünftigen FAS konnten von Versuchspersonen als virtuelle Prototypen im Fahrsimulator genutzt werden. Neben den individuellen Verhaltensänderungen bei der Fahrt mit einem FAS wurde außerdem der Einfluss verschiedener Systembeschreibungen auf das Gebrauchsverhalten untersucht. Die Auswertung der Fahrdaten zeigt für das System FCW vereinzelte statistisch signifikante Veränderungen in Richtung eines risikoreicheren Fahrerverhaltens. Die verschiedenen Systembeschreibungen führten bei keinem der drei FAS zu nachweisbaren Verhaltensauswirkungen. Die Befragung von Nutzern eines Spurassistenten deckte in Einzelfällen ein kritisches Systemverständnis auf (zum Beispiel Einsatz bei Müdigkeit). In Interviews mit Nutzern eines ACC Systems wurde vereinzelt über eventuell kritische Einsatzsituationen berichtet (zum Beispiel Nutzung bei eingeschränkten Sichtverhältnissen). Der allgemeine Gebrauch der untersuchten Fahrerassistenzsysteme wird dennoch als nicht sicherheitskritisch bewertet. Sowohl bei der Diskussion der einzelnen Ergebnisse als auch in den abschließenden Kapiteln des Berichts wird kritisch auf Vor- und Nachteile verschiedener Untersuchungsinstrumente eingegangen. Der Bericht endet mit der Vorstellung eines allgemeinen Modells zur Entstehung und Einordnung verschiedener Gebrauchsarten technischer Systeme.
Ziel der Studie, die im Auftrag der BASt durchgeführt und zusätzlich vom Land Niedersachsen gefördert wurde, ist es, Über In-Depth-Analysen von Unfalldaten der Braunschweiger Polizei aus dem Jahr 2002 Anforderungen an Fahrerassistenzsysteme (FAS) abzuleiten und den Sicherheitsgewinn abzuschätzen, den die Einführung derartiger Systeme mit sich bringen würde. Bei den In-Depth-Analysen wurden aufgrund der Unfallprotokolle die dem Unfall vorausgehenden Fehlhandlungen und ihre Ursachen analysiert. Fehlhandlungen sind die Handlungen, die zum Unfall geführt haben. Diese müsste ein FAS korrigieren, um den Unfall zu verhindern, sodass diese Analyse Anforderungen an die Funktionalität des FAS ergibt (zum Beispiel Wahl einer sicheren Geschwindigkeit). Die Analyse der Ursachen der Fehlhandlung erfolgte in Anlehnung eines Informationsverarbeitungsmodells des menschlichen Handelns und ergibt Hinweise auf die Eingriffsstrategie des FAS. Liegt die Ursache zum Beispiel in fehlender Wahrnehmung vorhandener Information, so kann eine Warnung den Unfall verhindern. Bei einer Fehlentscheidung ist eine aktive Unterstützung durch ein FAS notwendig. Weiter wurden Fehlinterpretationen und Ausführungsfehler betrachtet. Datenbasis sind 4.258 Unfallprotokolle aus Braun-schweig aus dem Jahr 2002 und 185.004 Unfälle aus Deutschland, die als 50%-Stichprobe der amtlichen Unfallstatistik des Jahres 2002 vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellt wurde. In beiden Datenquellen wurden die Unfälle ausgewählt, bei denen der Verursacher ein Pkw und der Fahrer (so weit bekannt) mindestens 18 Jahre alt war. Die schweren Unfälle aus Braunschweig (993 Unfälle) wurden so gewichtet, dass sie hinsichtlich Unfalltyp, Wochentag und Tageszeit mit den bundesdeutschen Unfällen vergleichbar sind. Bei den In-Depth-Analysen wurden für 6 Unfalltypen und pro Unfalltypen für die häufigsten Untertypen die Protokolle im Hinblick auf Fehlhandlung und Ursache analysiert und gruppiert. Eine stichprobenartige Überprüfung der Beurteilerübereinstimmung erwies sich als sehr zufrieden stellend (Spearman rho = 0.91). Die Analyse zeigt drei große Gruppen von Unfällen, aus denen sich drei Arten von Unterstützungsbedarf ableiten lassen. Bei den Einbiegen/ Kreuzen-Unfällen werden andere Verkehrsteilnehmer aus unterschiedlichen Gründen bei der Planung vernachlässigt, was als fehlende Wahrnehmung vorhandener Informationen zu beschreiben ist. Seltener spielen Fehlentscheidungen eine Rolle. Um diese Unfälle zu verhindern, wird eine Kreuzungsassistenz benötigt, die bevorrechtigte Fahrzeuge von rechts, links oder entgegenkommend und von rechts kommende Radfahrer beim rechts Abbiegen erkennen kann. Durch eine Kreuzungsassistenz, die vor diesen Fahrzeugen warnt, ließen sich 26,2 % aller schweren Unfälle verhindern. Bei Fahrunfällen steht die Fehlanpassung der Geschwindigkeit an den Straßenzustand, an den Fahrerzustand und an die eigene Leistungsfähigkeit im Vordergrund, was als Fehlentscheidung zu beschreiben ist. Teilweise kommt die Vernachlässigung der Querführung ohne besonderen Grund hinzu (fehlende Wahrnehmung). Eine situationsabhängige aktive Unterstützung der Geschwindigkeitsregulation mit zusätzlicher Unterstützung der Querführung könnte insgesamt 20,4 % aller schweren Unfälle verhindern. Auffahren tritt vor allem bei Unfällen im Längsverkehr, aber auch einer Reihe anderer Unfalltypen auf. Hier ist ein System zur Kollisionsvermeidung mit situationsabhängiger Regelung von Abstand und Geschwindigkeit notwendig, das auch stehende Fahrzeuge erkennen kann und das Bremsen bei plötzlichen Eingriffen unterstützt. Würde das System diese Anforderungen erfüllen, könnten damit 17,5 % aller schweren Unfälle verhindert werden. Da die häufigsten Ursachen der Fehlhandlung im Bereich von Fehlentscheidungen liegen, ist dazu allerdings eine aktive Unterstützung der Geschwindigkeitshaltung notwendig. Insgesamt ergibt sich aus den Analysen ein sehr großes Unfallvermeidungspotenzial für FAS im Bereich über 70 % aller schweren Unfälle. Allerdings sind die Anforderungen an diese Systeme groß. So müssen sie im Kreuzungsbereich bevorrechtigte Fahrzeuge aus allen Richtungen erkennen, außerdem Situationsmerkmale wie Straßenzustand, Hindernisse auf der Fahrbahn und Merkmale des Fahrers wie zum Beispiel einen eingeschränkten Fahrerzustand berücksichtigen. Teilweise ist eine aktive Unterstützung oder ein Eingriff notwendig, was rechtliche und Akzeptanzprobleme mit sich bringt. Mit der dargestellten Methode der In-Depth-Unfallanalyse aufgrund von Unfallprotokollen ist insgesamt eine Abschätzung des Sicherheitspotenzials von Assistenzsystemen möglich, wobei die Aussagen vorsichtig zu interpretieren sind.