83 Unfall und Mensch
Filtern
Erscheinungsjahr
Dokumenttyp
- Buch (Monographie) (29)
- Konferenzveröffentlichung (12)
- Wissenschaftlicher Artikel (11)
- Bericht (1)
- Arbeitspapier (1)
Schlagworte
- Fahranfänger (54) (entfernen)
Institut
Ziel des Modellversuchs \"Move - Modellprojekt Fahranfänger\" war es, neue Maßnahmeansätze für die Zielgruppenansprache der 16- bis 24-jährigen Fahranfänger zu entwickeln und zu erproben. Kernelemente des Projekts bildeten die Durchführung von Projekttagen an Schulen sowie die Entwicklung und der Einsatz innovativer Anspracheformen. Hierzu führte die Landesverkehrswacht Sachsen-Anhalt in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt 90 Projekttage zur Verkehrssicherheit an Gymnasien und berufsbildenden Schulen durch. Die formative Evaluation leistete die Konzeption und Erprobung der innovativen Maßnahmensätze des Modellversuchs. Die Projektumsetzung war dabei systematisch zu beobachten und auszuwerten. Als Ergebnis der formativen Evaluation wurde ein differenziertes Instrumentarium zur Dokumentation und Bewertung von Projekttagen zur Verkehrssicherheit an Schulen entwickelt und angewendet. Die Instrumente geben Kriterien für das Veranstaltungsmanagement und die Qualitätssicherung der Projektdurchführung an die Hand. Auf Grundlage der Projekterfahrungen wurde ein Leitfaden für die Durchführung von Projekttagen erstellt, der im Bericht dokumentiert wird. Im Verlauf des Modellversuchs wurden neun innovative Anspracheformen ausgearbeitet. Sie umfassen überwiegend Gruppengespräche oder Workshops mit Jugendlichen. Die Anspracheformen sind konsequent auf die Erfahrungsbildung und die aktive Auseinandersetzung der Jugendlichen mit dem Unfallrisiko ihrer Altersgruppe ausgerichtet. Sechs Anspracheformen wurden in 21 Einsätzen erprobt. Die Anspracheformen des Modellprojekts werden im Bericht für die weitere Verwendung abgedruckt. In dem Modellversuch wurde deutlich, dass eine qualifizierte mobile Zielgruppenansprache junger Fahranfänger nur mit qualifizierten Mitarbeitern und in Kooperation mit örtlichen Partnern gelingen kann. Für die weitere Zielgruppenansprache an Schulen werden deshalb Projektansätze empfohlen, die auf eine aktive Mitwirkung der projektbeteiligten Schulen und der Jugendlichen zielen. Für die Durchführung sollten neben ehrenamtlichen Kräften der Verkehrswachten auch freiberufliche Moderatoren gewonnen werden. Bei ihrer Auswahl ist vor allem auf didaktische und kommunikative Kompetenz im Umgang mit Jugendlichen zu achten.
Der Allgemeine Deutsche Automobilclub e. V. (ADAC) und die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) veranstalteten am 7. und 8. Oktober 2003 in Wiesbaden ihr 5. Symposium "Sicher fahren in Europa". Nach 1991, 1994, 1997 und 2000 trafen sich erneut über 200 Fachleute aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Industrie, Wirtschaft und Verbänden aus ganz Europa und einigen außereuropäischen Ländern, trugen neue Forschungsergebnisse vor und erörterten aktuelle Ansätze zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr. Dabei ging es in Vortrags- und Diskussionsbeiträgen vor allem darum, folgende verkehrspolitischen Herausforderungen und Entwicklungen für eine europaweite Verkehrssicherheitsarbeit zu beleuchten: - die Umsetzung des 3. Verkehrssicherheits-Aktionsprogrammes der EU-Kommission bis 2010, dessen Diskussion gerade begonnen hat, - die zusätzlichen Probleme und Herausforderungen für die Verkehrssicherheit, die ab 2004 durch den EU-Beitritt von 10 weiteren Mitgliedsländern entstehen, - das Bestreben vieler EU-Mitgliedsstaaten, ihre nationale Identität und ihre regionalen Besonderheiten auch auf dem Gebiet der Verkehrssicherheit zu bewahren, um die Akzeptanz und Effizienz von praktischen Maßnahmen zu sichern, ein Ziel, dem sich auch der "EU-Konvent zur Zukunft Europas" verschrieben hat. Diesen ebenso aktuellen wie grundsätzlichen Anforderungen entsprach das Veranstaltungsprogramm mit seinen verkehrspolitischen Eröffnungs-vorträgen und mit drei Fachsitzungen - zur Verbesserung der Fahrzeugsicherheit, - der Verbesserung der Straßensicherheit und - zur Verbesserung des Verhaltens von Verkehrsteilnehmern. Eine Podiumsdiskussion "Zur Harmonisierung von Verkehrsüberwachung und Sanktionen" schloss die Veranstaltung ab.
Der vorliegende Bericht beinhaltet eine Zusammenstellung der bis zum Jahresende 2009 erzielten Evaluationsergebnisse zu den Fahranfängermodellen "Freiwillige Fortbildungsseminare für Fahranfänger" (FSF-Modell). Die Modelle wurden 2003 und 2005 vom Gesetzgeber zunächst probeweise eingeführt und sollten vor einer Entscheidung über die dauerhafte Einführung in das Fahrerlaubnissystem evaluiert und auf ihre Sicherheitswirksamkeit überprüft werden. Neben der Frage nach der Sicherheitswirksamkeit (summative Evaluation) wurde in den Evaluationsarbeiten auch der Frage nachgegangen, welche Erfahrungen bei der Umsetzung der Maßnahmenkonzepte in die Praxis gemacht wurden (Prozessevaluation/formative Evaluation). Während die Ergebnisse zum Sicherheitsertrag unmittelbare Bedeutung für die Entscheidung über eine dauerhafte Maßnahmenverankerung haben, sind die Ergebnisse der Prozessevaluation auch unabhängig von dieser Fragestellung für Überlegungen zu einer Maßnahmenoptimierung von Bedeutung. Die Evaluationsarbeiten der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) wurden in insgesamt 6 Teilprojekten durchgeführt, aus 5 Teilprojekten liegen vollständige Ergebnisse vor. Die Evaluation des FSF-Modells konnte die Sicherheitswirksamkeit dieses Maßnahmenansatzes insgesamt nicht bestätigen. Besorgnis erregt das Ergebnis, dass Teilnehmer am FSF-Modell gegenüber Fahranfängern gleichen Alters und gleicher Fahrerlaubnisbesitzdauer, die nicht an einem FSF-Seminar teilgenommen haben, ein deutlich höheres Unfall- und Deliktrisiko aufweisen. Als mögliche Ursachen, sofern eine unmittelbare Ursächlichkeit der FSF-Teilnahme ausgeschlossen wird, können noch am ehesten die entgangenen Wirkungen der Probezeitregelungen bei den FSF-Teilnehmern (die FSF-Teilnahme führt zu einer bis zu einjährigen Verkürzung der Probezeit) und Selbstselektionseffekte im Zusammenhang der FSF-Teilnahme (Teilnahme vorwiegend von auffälligkeitsgeneigten Fahranfängern, die sich von der Probezeitbedingungen befreien wollen) angenommen werden. Angesichts der deutlich erhöhten Verkehrsauffälligkeit von FSF-Teilnehmern erscheint es aber auch schon vor dem Hintergrund der vorgenannten Plausibilitätsüberlegungen zu den zugrundeliegenden Ursachen angebracht, den Anreiz einer Probezeitverkürzung für eine FSF-Teilnahme auszusetzen. Aus der Untersuchung zur Umsetzung des FSF-Modells in der Praxis ergaben sich in mehreren Punkten Hinweise auf einen Nachbesserungsbedarf. Sie betreffen die Qualität der in den FSF-Seminaren von den Seminarleitern und Moderatoren anzuwendenden aktiven, einstellungsbildenden Vermittlungsformen und Fragen eines im Dienste der Unterrichtsqualität optimierten Seminarablaufs. Hier empfehlen sich eine Überarbeitung des Seminarkonzepts und eine Verbesserung der Voraussetzungen für eine konzeptadäquate Umsetzung.
In Deutschland besteht ein hoher verkehrspolitischer Handlungsbedarf zur Absenkung des Unfallrisikos junger Fahrer. Mit einem fünffach höheren Risiko gegenüber dem Gesamtdurchschnitt ist die Altersgruppe der 18- bis 20-jährigen am stärksten gefährdet. In dieser jüngsten Altersgruppe der Pkw-Fahrer finden sich die höchsten Anteile von Fahranfängern. Derzeit bestehen in Deutschland noch keine Maßnahmenansätze, um Fahranfänger bereits zum Start in die selbständige Fahrkarriere mit umfassenderen fahrpraktischen Erfahrungen auszustatten. Im Ausland wurden dagegen in den 90er Jahren mit fahrpraxisbezogenen Maßnahmenansätzen bereits beträchtliche Erfolge erzielt: So konnte in Schweden das Unfallrisiko von Fahranfängern um bis zu 40 Prozent, in Nordamerika - je nach Maßnahmenausgestaltung - zwischen 4 und 60 Prozent gesenkt werden (GREGERSEN, 2000; MEI-LI LIN, 2003). Im Mai 2002 richtete der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen bei der Bundesanstalt für Straßenwesen die Projektgruppe "Begleitetes Fahren" mit Experten aus Bund und Ländern, Verbänden und Wissenschaft ein. Die Projektgruppe erhielt den Auftrag, die Übertragbarkeit der ausländischen Erfahrungen zu prüfen und ggf. einen Modellvorschlag für einen fahrpraxisbezogenen Maßnahmenansatz in Deutschland zu erarbeiten. Als Ergebnis ihrer Arbeit legt die Projektgruppe mit dem vorliegenden Bericht den Modellvorschlag "Begleitetes Fahren ab 17" vor, verbunden mit der Aufforderung an den Bundesminister für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die interessierten Bundesländer den Maßnahmenansatz erproben können. Nach dem Vorschlag der Projektgruppe erhalten Fahranfänger mit dem Begleiteten Fahren die Möglichkeit einer zusätzlichen Übungspraxis von bis zu einem Jahr vor dem Beginn des selbständigen Fahrens ab 18 Jahren. Auf der Grundlage wissenschaftlicher Abschätzungen zur Kompetenzentwicklung bei Fahranfängern wird ein Übungsumfang von 5000 km empfohlen. Die Projektgruppe sieht das "Begleitete Fahren ab 17" als eine Ergänzung der anderen Maßnahmenansätzen für junge Fahrer und Fahranfänger, nicht als eine Alternative oder Konkurrenz. Das Begleitete Fahren verfolgt mit dem längerfristigen Aufbau fahrpraktischer Erfahrungen eine eigenständige Aufgabenstellung, die von den anderen Maßnahmenansätzen nicht wahrgenommen wird. Ebenso wie die freiwillige Fortbildung von Fahranfängern (Zweiphasenausbildung), für die im Mai 2003 die erforderliche Rechtsgrundlage geschaffen wurde, und das Pkw-Sicherheitstraining ist das Begleitete Fahren als ein freiwilliges Modell angelegt, das Fahranfängern zusätzliche Möglichkeiten des Dazulernens bietet. Das Projektgruppenmodell ist auf das Ziel einer Sicherheitsverbesserung für Fahranfänger ausgerichtet. Diese Zielsetzung wird mit den Zielen der Zugangsfreundlichkeit und der Praktikabilität verbunden, damit eine breite Nutzung des Modells und die Ausschöpfung seines Sicherheitspotentials ermöglicht wird. Die Projektgruppe geht aufgrund der Daten zum Risikoverlauf nach dem Fahrerlaubniserwerb (Halbierung des Anfangsrisikos nach neun Monaten Fahrpraxis) von einem hohen Potential zur Absenkung des Fahranfängerrisikos aus. Der tatsächlich erzielbare Sicherheitsertrag des Begleiteten Fahrens in Deutschland ist jedoch im Rahmen einer praktischen Erprobung zu klären.