83 Unfall und Mensch
Da die Verkehrssicherheitsarbeit in den meisten OECD-Ländern in politischer und finanzieller Hinsicht an ihre Grenzen stößt, wurde eine Expertengruppe zur Analyse und Bewertung der Verkehrssicherheitsprogramme eingerichtet. In erster Linie ging es um die Frage, ob mit Hilfe von "Targeted Programmes" (TP) eine effektivere Arbeit ermöglicht wird oder nicht. TP sind in der Regel als Policy-Making-Konzepte angelegt, die Ziele, Inhalte und Methoden aufeinander beziehen. Außerdem wurde untersucht, inwieweit TP die gesamte Verkehrssicherheitsarbeit erleichtern und absichern. Die Ergebnisse der Untersuchungen in den 16 beteiligten Staaten wurden kontrovers diskutiert, vor allem die Frage der Wirkungszusammenhänge zwischen einem Verkehrssicherheitsprogramm und der Entwicklung der Verkehrssicherheit. Einigkeit herrschte darüber, dass TP einen Fortschritt in Richtung auf ein rationaleres und systematischeres Vorgehen darstellen könnten, wenn mehr gesicherte Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Maßnahmen vorliegen würden, was derzeit nicht der Fall ist.
Das Hauptproblem bei der praktischen Fahrausbildung und Fahrerlaubnisprüfung ist die Unmöglichkeit der Manipulation von Verkehrssituationen und sich daraus ergebenden Aufgaben. Einige Situationen können gar nicht geübt beziehungsweise geprüft werden. Durch den Einsatz von Fahrsimulatoren wäre dies zu leisten. Die heute zur Verfügung stehenden Geräte können nur als Basistrainer für Fahranfänger eingesetzt werden. Unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Entwicklung der Nachfrage nach Simulatoren werden 3 Aufgabenbereiche herausgestellt, die bestimmte Typen von Simulatoren festlegen: Basistraining, Zusatzausbildung und Zusatzprüfung. Diese Bereiche korrespondieren mit technischen Anforderungen an Fahrsimulatoren, die im Projektgruppenbericht spezifiziert dargestellt sind. Weitere Entwicklungsarbeit ist nötig für die zu fordernden didaktischen Konzeptionen, zur Zeit können nur die erforderlichen Inhalte genannt werden. Zur Begutachtung von Simulatoren sind 3 Vorgehensweisen zu unterscheiden: technische und konzeptionelle Begutachtung sowie Wirksamkeitsnachweise.
Es wird über einen Kongress zur Gestaltung von Verkehrssicherheitskampagnen berichtet. Ziel dieses Kongresses war es, im europäischen Vergleich Stellenwert und Wirkung verschiedener Stilmittel und insbesondere die Vor- und Nachteile der Konfrontation als Instrument von Kampagnen herauszuarbeiten. Der Kongress bestätigte die verkehrspolitische These, dass es in der Verkehrssicherheitsarbeit keine für alle Staaten richtigen Konzepte für Erziehung und Aufklärung geben kann.
Die Qualitätssicherung im Fahrerlaubniswesen wird am Beispiel der Akkreditierung von Trägern Technischer Prüfstellen in Deutschland vorgestellt. Die Akkreditierungsstelle Fahrerlaubniswesen ist eine eigene Organisationseinheit in der Abteilung "Verhalten und Sicherheit im Straßenverkehr". Nach -§ 72 der Fahrerlaubnisverordnung akkreditiert sie seit 1999 neben Technischen Prüfstellen auch Begutachtungsstellen für Fahreignung und Stellen, die Kurse zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung durchführen.
Es wird über das Ende 2002 abgeschlossene EU-Projekt ADVISORS berichtet. Ziel dieses Projektes, an dem sich 16 Organisationen aus 10 europäischen Ländern beteiligten, war es, die Entwicklung, Testung und Implementierung von Fahrerassistenzsystemen (FAS) zu unterstützen. Es wurde eine umfassende Methodik zur Bewertung von FAS entwickelt und auf dieser Basis wurden eine Reihe von Evaluationsstudien zu ausgewählten FAS durchgeführt. Des Weiteren wurden Implementierungsstrategien für bestimmte FAS entwickelt und mit Experten verschiedener Länder diskutiert.
Nutzen-Kosten- sowie Kosten-Wirksamkeits-Analysen sind als methodische Konzepte zur Bewertung von Verkehrssicherheitsmaßnahmen anerkannt, werden jedoch bisher eher selten von den verantwortlichen Entscheidungsträgern angewendet. Die konsequente Nutzung dieser Bewertungsverfahren würde jedoch einen effizienteren Einsatz öffentlicher Mittel im Bereich der Verkehrssicherheitsmaßnahmen ermöglichen. Im Oktober 2002 startete daher das Europäische Thematische Netzwerk ROSEBUD ("Road Safety and Environmental Benefit-Cost and Cost-Effectiveness Analysis for Use in Decision-Making"), dessen Ziel es ist, langfristig die Akzeptanz ökonomischer Bewertungsverfahren für Verkehrssicherheitsmaßnahmen zu verbessern und so zu einem verstärkten Einsatz dieser Bewertungsinstrumente beizutragen. Das Netzwerk wird von der Europäischen Kommission finanziert und hat eine Laufzeit von 3 Jahren.
Im EU-Projekt NOVEV wurden Aufbaukurse für Fahranfänger (2.-Phase-Kurse) aus verschiedenen Ländern einer Evaluation unterzogen. Der deutsche Evaluationsbeitrag bezieht sich auf die Frage der konzeptadäquaten Umsetzung der Anfang 2004 in Deutschland eingeführten freiwilligen Fortbildung für Fahrerlaubnisinhaber auf Probe.
Die Jahresstatistik vermittelt einen Überblick über die Verteilung der verschiedenen Anlassgruppen, die einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) zugewiesen werden, sowie eine Zusammenfassung der Ergebnisse der MPU-Gutachten. Im Jahre 2003 führten die 19 aktiven Träger der bundesdeutschen Begutachtungsstellen für Fahreignung (BfF) insgesamt 110.776 Untersuchungen durch (2 Prozent weniger als im Vorjahr). Nach wie vor bezieht sich der größte Teil der MPU-Gutachten (rund 66 Prozent) auf "Alkoholauffälligkeiten". Die zweitgrößte Anlassgruppe bildet mit 13 Prozent "Drogen und Medikamente", gefolgt von den "Verkehrsauffälligkeiten ohne Alkohol" mit etwa 11 Prozent und Personen mit körperlichen und/oder geistigen Mängeln (1 Prozent). Die prozentuale Verteilung der Eignungsurteile "geeignet", "ungeeignet" und "nachschulungsfähig" entspricht ungefähr der des Vorjahres. Allerdings ist die Kategorie "nachschulungsfähig" bei Drogenauffälligkeiten hinzugekommen, da im Laufe des Jahres 2003 Paragraf 70-Kurse für drogenauffällige Kraftfahrer von den zuständigen Länderministerien anerkannt wurden. Wie bereits im Vorjahr 2002 setzte sich der Trend rückläufiger Begutachtungsanlässe nicht weiter fort. Dagegen ist jedoch weiterhin ein steter Rückgang von erstmalig durch Trunkenheit aufgefallenen Kraftfahrern zu verzeichnen (minus 6 Prozent gegenüber 2002) bei Stagnation der wiederholt mit Alkohol aufgefallenen Fahrer. Die Zahl der Untersuchungen drogenauffälliger Fahrer nahm gegenüber 2002 um 11 Prozent zu. Zwei Tabellen (Anlassbezogene Aufschlüsselung der MPU-Ergebnisse in Prozent für das Jahr 2003, Übersicht über die Begutachtungsanlässe im Zeitraum 2000 - 2003) geben einen detaillierten Überblick.
Im Jahr 2004 führten die 20 aktiven Träger der bundesdeutschen Begutachtungsstellen für Fahreignung (BfF) insgesamt 111.438 medizinisch-psychologische Untersuchungen (MPU) durch (0,6 Prozent mehr als 2003). Trotz eines weiteren Absinkens der Alkohol-Fragestellungen insgesamt bilden sie mit 63 Prozent nach wie vor die stärkste Anlassgruppe der MPU-Gutachten. Die zweitgrößte Anlassgruppe bilden die Untersuchungsanlässe "Drogen und Medikamente" (15 Prozent), gefolgt von "Verkehrsauffälligkeiten ohne Alkohol" (12 Prozent) und Personen mit körperlichen und/oder geistigen Mängel (1 Prozent). Die prozentuale Gesamtverteilung der MPU-Ergebnisse des Jahres 2004 entspricht ungefähr der des Vorjahres. Die Anzahl der als "ungeeignet" bezeichneten Personen ist um drei Prozent zurückgegangen, wobei ein Prozent mehr Klienten als "nachschulungsfähig" und zwei Prozent mehr als "geeignet" eingestuft wurden. Unterschiede in dem MPU-Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr um mindestens fünf Prozent sind bei den Anlassgruppen "neurologisch-psychiatrische Mängel" und "Auffälligkeiten bei der Fahrerlaubnisprüfung" zu verzeichnen. Den größten Unterschied zum Vorjahr zeigt die um sechs Prozent angestiegene Kursempfehlung bei "Betäubungsmittel- und Medikamentenauffälligkeiten". In Tabellenfom sind wiedergegeben: 1. Eine Übersicht über die Begutachtungen aller Anlassgruppen im Jahr 2004, und zwar differenziert nach Eignungsurteil ("geeignet", "nachschulungsfähig" und "ungeeignet"). 2. Eine Übersicht über die Anzahlen der Begutachtungsanlässe in den einzelnen Jahren von 2001 bis 2004 einschließlich eines prozentualen Vergleichs zwischen 2004 zu 2003.
Am 01.03.2004 wurde auf europäischer Ebene das Expertennetzwerk HUMANIST (HUMAN centred design for Information Society Technologies) eingerichtet, das sich mit Fragen der Implementierung, Gestaltung und Evaluation von Fahrerassistenz- und -informationssystemen aus einer sicherheits- und nutzerorientierten Perspektive befasst. Insgesamt sind 26 Partnerorganisationen aus 15 europäischen Ländern beteiligt. Nach bisher zwei Jahren Laufzeit kann das Netzwerk eine Vielzahl von erfolgreich durchgeführten Veranstaltungen vorweisen (verschiedene werden im Einzelnen aufgeführt). Darüber hinaus wurde ein Post-Graduierten- beziehungsweise ein Post-Doc-Programm ins Leben gerufen. Eine weitere wichtige Initiative bestand in der Beschaffung von Grundlagen für eine gemeinsame Nutzung der bei den beteiligten Partnern vorhandenen Forschungs-Infrastruktur und einer gemeinsam genutzten Datenbasis und virtuellen Arbeitsumgebung. Weiterhin konnten auch wissenschaftliche Ergebnisse erarbeitet werden, die in einigen wesentlichen Ausschnitten dargestellt werden. Dabei handelt es sich um folgende Themen: Nutzerbedürfnisse und Potenziale von Fahrerassistenz- und -informationssystemen; Auswirkung der Nutzung von Fahrerassistenz- und -informationssystemen auf das Fahrverhalten und ihre methodische Erfassung; Fahrerausbildung für die Nutzung von Fahrerassistenz- und -informationssystemen. Abschließend wird auf die im Jahr 2006 geplanten Aktivitäten hingewiesen.
Internationale Vergleichsstudien stellen ein wichtiges Instrument zur Bewertung von Sicherheitsmaßnahmen auf der Einstellungs- und Verhaltensebene dar, mit deren Hilfe sich sicherheitsfördernde Strategien und Implementierungsvoraussetzungen ("best practices") herausarbeiten lassen, insbesondere auf dem Gebiet gesetzlicher Regelungen und Sanktionen sowie der Sicherheitskommunikation. Exemplarisch werden Ergebnisse aus dem EU-Projekt SARTRE herangezogen, um Möglichkeiten und Grenzen dieser Form der Bewertung verhaltensbeeinflussender Maßnahmen aufzuzeigen.
Start des EU-Projekts DRUID
(2007)
Das durch die Europäische Kommission geförderte Projekt DRUID hat das Ziel, den Einfluss von Drogen, Alkohol und Medikamenten auf die Verkehrssicherheit zu untersuchen und damit eine wissenschaftliche Grundlage für verkehrspolitische Entscheidungen innerhalb der EU zu schaffen. Das Projekt gliedert sich in sieben Arbeitspakete: "Methodology and Experimental Studies", "Epidemiology", "Enforcement", "Classification", "Rehabilitation", "Withdrawal" und "Dissemination and Guidelines", die von insgesamt 37 Institutionen aus 19 Ländern bearbeitet werden. Das Projekt wird von der Bundesanstalt für Straßenwesen koordiniert.
Auf Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wird die Kampagne "Runter vom Gas!" seit Dezember 2011 mit verändertem Konzept und neuen Kommunikationsinhalten fortgeführt. Die neuen Plakatmotive und andere Medien sprechen nunmehr neben dem Hauptthema der nicht angepassten Fahrgeschwindigkeiten ein breites Spektrum weiterer problematischer Verhaltensweisen im Straßenverkehr an. Im Rahmen des Evaluationsprojekts wurde zum einen die Medienresonanz auf die aktuelle Kampagnenfortsetzung untersucht. Die Auswertung thematischer Berichte ergab ein mit früheren Wellen vergleichbares Medienecho, wobei sich die Medien mit Bewertungen zurückhielten. Die größere thematische Breite der Kampagne wurde dagegen recht intensiv in den Berichten wiedergegeben. Die Medienresonanz fällt damit insgesamt verhalten-positiv aus, erreicht aber nicht ganz das Niveau früherer Kampagnenwellen, bei denen insbesondere die Furchtappell-Motive viel Berichterstattung angeregt hatten. Zudem wurden in einer repräsentativen Umfrage die Bekanntheit der Kampagne und das Problembewusstsein der Bevölkerung untersucht. Die Befunde zeigen, dass eine Aktualisierung der Bekanntheit von "Runter vom Gas!" in der Bevölkerungsbreite gelungen ist. Auch erhalten die neuen Motive positive Bewertungen. Andererseits erweist sich die neue Argumentation über soziale Verantwortung für Mitmenschen als schwieriger verständlich und scheint gerade bei der Risikogruppe der jungen Fahrer nicht optimal "anzukommen". Aus den Befunden der beiden Studien wird eine Reihe von Handlungsempfehlungen abgeleitet, insbesondere eine gestalterische Weiterentwicklung hin zu mehr Aktivierung oder Betroffenheit, eine stärkere Nutzung von Online-Kanälen, ein Ausbau der erfolgreichen Sonderaktionen ("Below the line") sowie eine Ausdifferenzierung der Kampagnenarchitektur hin zu eigenständig konzipierten Sub-Kampagnen für spezifische Risikogruppen und -themen.
Aus einer aktuellen BASt-Studie ("Legalbewährung nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis") geht hervor, dass eine Fahrerlaubnisentziehung bei mehrfach verkehrsauffälligen Fahrern nicht unbedingt zur Verhaltensänderung führt: Personen, denen der Führerschein wegen Überschreitens der Punktegrenze entzogen wurde, bergen ein doppelt so hohes Risiko, schuldhaft einen Unfall zu verursachen, wie Personen, deren Fahrerlaubnis wegen Alkohol- oder Drogenkonsums entzogen wurde. Eine Interventionsmaßnahme im Rahmen des Punktsystems stellt ein Hilfsangebot dar, das Fahrerlaubnisinhabern die Möglichkeit gibt, ihr riskantes Fahrverhalten mit professioneller Unterstützung langfristig zu verändern, um zukünftig regelkonform am Straßenverkehr teilzunehmen. Eine Interventionsmaßnahme kann damit einen wichtigen Beitrag zur Reduktion des Unfallrisikos von mehrfach verkehrsauffälligen Fahrern und damit zur Erhöhung der Verkehrssicherheit leisten. Für die bisherigen Aufbauseminare für Punkteauffällige (ASP) konnte kein Wirksamkeitsnachweis erbracht werden. Aus wissenschaftlicher Sicht wurde der den Aufbauseminaren zugrunde liegende Moderationsansatz kritisch hinterfragt. So geht aus einem Gutachten über die Qualität der Aufbauseminare hervor, dass Zweifel bestehen, dass das Ziel der Einstellungsänderung verkehrsauffälliger Fahrer mit dem zugrundeliegenden Ansatz erreicht werden kann. Vor diesem Hintergrund wurde die BASt im Rahmen der Reform des Verkehrszentralregisters vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) im Juni 2012 beauftragt, die Grundlagen für ein wissenschaftlich begründetes Konzept für eine neue, wirksame Interventionsmaßnahme (Fahreignungsseminar, FES) für Punkteauffällige vorzulegen. Die Grundlagen zum Fahreignungsseminar wurden in drei Forschungsprojekten erarbeitet. Diese werden im vorliegenden Bericht dargestellt. Teil 1: Optimierung der Interventionsmaßnahmen im Rahmen der Reform des Mehrfachtäter-Punktsystems. Teil 2: Konzeption einer edukativen Teilmaßnahme der Fahreignungsseminare für verkehrsauffällige Kraftfahrer. Teil 3: Entwicklung eines Rahmenlehrplans für den edukativen Teil des im Rahmen der Reform des Punktsystems geplanten Fahreignungsseminars.
Das Fahrerlaubnisprüfungssystem und seine Entwicklungspotenziale - Innovationsbericht 2009/2010
(2013)
Innovationsberichte dienen dem Ziel, alle zwei Jahre über die mit der mittel- und langfristigen Weiterentwicklung des Fahrerlaubnisprüfungssystems zusammenhängenden Forschungs- und Entwicklungsprozesse zu informieren. Mit Hilfe der Innovationsberichte können somit Qualität, Planmäßigkeit und wissenschaftliche Absicherung der Weiterentwicklung der Fahrerlaubnisprüfung beurteilt werden. Der vorliegende Innovationsbericht beschreibt die Hauptschwerpunkte der Tätigkeit der TÜV | DEKRA arge tp 21 im Hinblick auf die Theoretische Fahrerlaubnisprüfung für den Berichtszeitraum 2009/2010. Diese lagen in (1) Arbeiten zur Modellierung von Fahrkompetenz, (2) der Evaluation und Weiterentwicklung der traditionellen Aufgabenformate und der Prüfungsmethodik, der (3) Durchführung von Forschungsarbeiten zur Verwendung computergenerierter dynamischer Fahrszenarien und der (4) Erschließung innovativer Aufgabentypen zur Prüfung bislang nicht ausreichend geprüfter Fahrkompetenzkomponenten im Bereich des Handlungswissens. Zu (1): Unter Berücksichtigung von inhaltlichen Anforderungsebenen des Fahrverhaltens (z.B. DONGES, 2009) und Aneignungsstufen von Fahrkompetenz (z. B. GRATTENTHALER, KRUEGER & SCHOCH, 2009) wurde ein "Fahrkompetenzstrukturmodell" entworfen, um inhaltliche Komponenten der Fahrkompetenz einzuordnen und die Prüfungsaufgaben strukturieren zu können. Weiterhin lassen sich damit prototypische Anforderungssituationen zur Operationalisierung von Prüfungsinhalten erarbeiten sowie die Inhalts- und Fahrkompetenzbereiche beschreiben, welche durch verschiedene Prüfungsformen abgedeckt werden können. Zu (2): Mit der Einführung der TFEP am PC wurden die technischen Rahmenbedingungen der Prüfungsdurchführung verändert und Verbesserungen zur Gewährleistung der Manipulationssicherheit umgesetzt. Die auf dem Revisionsprojekt aufbauende kontinuierliche Evaluation der Prüfungsaufgaben und Paralleltests zeigte grundsätzlich, dass die große Mehrheit der eingesetzten Prüfungsaufgaben unter Abwägung unterschiedlicher testpsychologischer Kriterien ihre Funktion zur Überprüfung der jeweiligen Kompetenzen erfüllt. Zu (3): Zur Verbesserung der Darbietungsformen bzw. Instruktionsformate wurde von der TÜV | DEKRA arge tp 21 die Softwareloesung "VICOM" entwickelt. Mit dieser Software wurden zum einen die bisher verwendeten Fotos durch computergenerierte statische Abbildungen ersetzt, die mit geringem Aufwand erstellt und variiert werden können. Zum anderen wurde dadurch die Erarbeitung von dynamischen Videosequenzen ermöglicht. Die Erprobung von Aufgaben mit dynamischer Situationsdarstellung deutet darauf hin, dass die intendierte Erfassung der Kompetenzen zur Gefahrenerkennung mit dem neuen Instruktionsformat, das keine Lösungshinweise im Abschlussbild mehr enthält, besser gelingen könnte (FRIEDEL, WEIßE & RÜDEL, 2010). Zu (4): Entwicklungspotenziale für die TFEP werden insbesondere bezüglich der Erfassung von Handlungskompetenzen im Bereich der Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung deutlich. Diese verkehrssicherheitsrelevanten Kompetenzen können in der traditionellen "Wissensprüfung" nicht geprüft werden, da ihre Aneignung Fahrerfahrungen voraussetzt, die zum Prüfungszeitpunkt in der Regel noch nicht gegeben sind. Auch in der traditionellen Fahrprüfung ist eine Erfassung dieser Kompetenzen nur eingeschränkt möglich, weil die Anforderungssituationen im Realverkehr nicht beliebig vom Fahrerlaubnisprüfer gesteuert werden können und Gefahrensituationen aufgrund von Sicherheitserfordernissen auch nicht herbeigeführt werden dürfen. Daher erscheint es notwendig, im Rahmen der deutschen Fahrerlaubnisprüfung eine innovative Prüfungsform zu entwickeln, bei der Verkehrs- und insbesondere Gefahrensituationen realitätsnah am Computer simuliert und zur Operationalisierung der obengenannten Kompetenzkomponenten genutzt werden. Derartige "Verkehrswahrnehmungstests" (bzw. "Hazard Perception Tests") finden sich bereits in einigen Fahranfängervorbereitungssystemen im Ausland. Zur Ausschöpfung der Potenziale der Fahrerlaubnisprüfung in Deutschland muss ihre Weiterentwicklung unter Berücksichtigung des Gesamtsystems der Fahranfängervorbereitung erfolgen. Dabei sind die Qualitätssicherungs- und Entwicklungsmaßnahmen neben Input-Vorgaben wie Lehrpläne und Prüfungsrichtlinien stärker auf Output-Vorgaben wie das von den Fahranfängern zu erreichende Kompetenzniveau zu fokussieren. In festzulegenden Ausbildungsstandards müssen Niveaustufen der Fahrkompetenz, die Fahranfänger bei den Übergängen zwischen den einzelnen Phasen der Fahranfängervorbereitung mindestens erreicht haben sollen, so konkret beschrieben werden, dass sie in Prüfungsaufgaben umgesetzt und im Rahmen der Fahrerlaubnisprüfungen erfasst werden können.
From literature well-known analyzes on risks, hazards and causes of accidents of older drivers are amended by the present study in which a comparison of the specific features of accident causes of older car drivers (older than 60 years) and of younger car drivers (under 25 years) is conducted. Mainly the question is pursued if specific errors, mistakes and lapses are predominant in the two different age groups. The analysis system ACAS (Accident Causation Analysis System) used hereby consists of a sequential system of accident causation factors from the human, the technical and the infrastructural field, whereupon for this study the influence of the human features on the accident development in two different age groups is of interest. ACAS is both an accident model and an analysis and classification system, which describes the human participation factors of an accident and their causes in the temporal sequence (from the perceptibility to concrete action errors) taking into consideration the logical sequence of individual basic functions. In five steps (categories) of a logical and temporal sequence the hierarchical system makes human functions and processes as determinants of accident causes identifiable. The methodology specifically focuses on the use in so-called "In-Depth" and "On-Scene" investigation studies. With the help of the system for each accident participant one or more of five hypotheses of human cause factors are formed and then specified by appropriate verification criteria. These hypotheses in turn are further specified by indicators in such manner that the coding of the causation factors by a code system meets the needs of database processing and are accessible to a quantitative data analysis. The first results of the descriptive comparison of the two age groups concern mainly differences in the functional levels "information admission/perception" (where the elderly drivers have more difficulties than the young ones) and "information processing/evaluation" (where the younger drivers show more problems). Concerning the cognitive function of "planning" the group of younger drivers seems to be more often involved in an accident because of excessive speed.
To determine whether the model "Accompanied driving from age 17" (AD17) contributes to improvement of young drivers' road safety, two large random samples of novice drivers drawn from the Central Register of Driving Licences (ZFER) held at the Federal Motor Transport Authority (KBA) were compared in terms of the rates of accident involvement and traffic offences at the start of their solo driving career. The samples comprised former participants in the AD17 model and novice drivers of the same age who had obtained a driving licence in the conventional manner immediately after their 18th birthday. Both analysis groups were contacted by post and asked to complete an online questionnaire. In response, 19,000 drivers reported on their first year of solo driving and on the occurrence of any accidents or traffic offences during this period. The analyses were repeated with two "silent" analysis groups comprising a total of 75,000 drivers, for whom any records of traffic offences were retrieved from the Central Register of Traffic Offenders (VZR), with a distinction being made between offences in connection with an accident and other offences. The AD17 model was introduced in all 16 German federal states between April 2004 and January 2008. By the end of 2009, almost one million novice drivers had participated in the model, and almost three-quarters of the target group - so-called "early beginners" who wished to commence solo driving immediately after reaching the age of 18 years - opted for the AD17 model. The phase of introduction of the model was associated with a temporary increase of around five per cent in the demand for driving licences from persons under 19 years of age. During the first year of solo driving, the rate of accident involvement for AD17 participants was 19 per cent lower and the rate of traffic offences 18 per cent lower than for drivers of the same age who had obtained their driving licence in the conventional manner. After adjustment for confounds (e.g. gender and vehicle availability), a reduction in accidents by 17 per cent and in traffic offences by 15 per cent remained as an effect attributable to the model. A comparison on the basis of the distances driven indicated 22 per cent fewer accidents and 20 per cent fewer traffic offences. The results are statistically significant and apply to both male and female drivers. The findings were confirmed in the replication study based on VZR data, with one exception: For female AD17 drivers, and here only for VZR-recorded offences excluding accidents, no significant reduction was found. On the other hand, the rate for female drivers is already lower than that of their male counterparts by three-quarters. Approximately 1,700 injury accidents were prevented by implementation of the model in 2009.
Verkehrserziehung an weiterführenden und beruflichen Schulen findet bislang nicht in dem Maße statt, wie es in den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK) für Verkehrserziehung von 1994 beschrieben ist. Gründe für die eher schleppende Umsetzung sind unter anderem das Fehlen eines "Basiswissens" verkehrserzieherischer Inhalte sowie mangelhafte Kenntnisse hinsichtlich methodischer Möglichkeiten. Mit den Projekten "EVA" (Bayern), "XpertTalks" (NRW), "sicherfahren" (Sachsen) und "RiSk" (Hessen) besteht für Lehrer erstmals die Möglichkeit, sich in der Ausbildung, im Referendariat und in der Fortbildung systematisch mit dem Thema der besonderen Verkehrsunfallgefährdung junger Fahrer zu befassen. Neben theoretischem Hintergrundwissen werden in diesen Lehrgängen verschiedene Moderationstechniken und Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Dritten erarbeitet. In diesem Zusammenhang wurde untersucht, wie Lehrer und andere mit der Thematik befasste Personen, die auf die oben beschriebene Weise Kontakt mit Fragen der Verkehrserziehung hatten, diese Programme grundsätzlich einschätzen und ob sie langfristig bereit sind, das Thema im Unterricht der weiterführenden Schulen zu bearbeiten, oder ob nach Einkehr des Unterrichtsalltages Fragen der Verkehrserziehung kaum noch berücksichtigt werden. Im Rahmen einer Langzeitstudie wurden Lehrer sowohl unmittelbar nach der Ausbildung als auch einige Jahre später befragt. Die Befragung der Moderatoren unmittelbar nach der Ausbildung belegt, dass alle vier Programmvarianten insgesamt sehr positiv gesehen werden. Dabei werden insbesondere die neu erlernten methodischen Ansaetze (Dilemmaspiel, Reden über Dritte) befürwortet, die auch den Kern des Ansatzes der personalen Kommunikation darstellen. Diese Methoden überzeugten, weil die Jugendlichen selbst die gewünschten Ergebnisse erarbeiten und der Moderator nicht moralisieren muss. Eine zweite Befragung der Moderatoren, die einige Jahre nach der Ausbildung durchgeführt wurde, zeigt, dass die Programme "EVA", "sicherfahren" und "XpertTalks" in einem ganz beachtlichen Umfang im beruflichen Alltag umgesetzt werden. Die Gründe derjenigen, die selten oder nicht als Moderatoren aktiv wurden, sind eher organisatorischer als inhaltlicher Art. Anhand der Befragungen konnte zudem nachgewiesen werden, dass unabhängig von den Programmen der fächerübergreifenden Fragestellung der Verkehrserziehung von den Moderatoren eine deutlich höhere Bedeutung beigemessen wird, als bei Lehrern sonst üblich. Die Bedeutung der Programme "EVA", "sicherfahren", "RiSk" und "XpertTalks" geht zudem über das Thema der Verkehrssicherheit hinaus, da die Programme eine allgemeine Methodenkompetenz vermitteln. Die ausgebildeten Moderatoren übertrugen die Methoden sehr häufig auch auf Themenfelder wie Gewalt, Alkohol und Drogen, Sozialverhalten, Kriminalität etc. Insofern tragen die Veranstaltungen zur Verbesserung der Methodenkompetenz von Lehrern und Polizeibeamten sowie zur grundlegenden Handlungs- und Risikokompetenzförderung Jugendlicher und Heranwachsender bei. Das kommt nicht nur der Verkehrssicherheit zugute.
Zur Frage, ob das "Begleitete Fahren ab 17" (BF17) zur Verkehrssicherheit junger Fahrer beiträgt, wurden zwei große Zufallsstichproben von Fahranfängern aus dem im Kraftfahrt-Bundesamt geführten Zentralen Fahrerlaubnisregister hinsichtlich ihrer Verkehrsauffälligkeit am Beginn ihres selbstständigen Fahrens verglichen: ehemalige BF17-Teilnehmer und gleichaltrige Fahranfänger mit herkömmlichem Erwerb eines Pkw-Führerscheins unmittelbar nach ihrem 18. Geburtstag. Beide Untersuchungsgruppen wurden postalisch um Teilnahme an Internet-Befragungen gebeten. 19.000 Pkw-Fahrer berichteten von ihrem ersten Jahr des selbstständigen Fahrens, dazu von Verkehrsverstößen und Verkehrsunfällen. Wiederholt wurde die Untersuchung an zwei "stillen" Untersuchungsgruppen mit zusammen 75.000 Fahrern durch Abfrage ihrer Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister (VZR), getrennt nach solchen mit Unfällen und ohne Unfälle. Das BF17-Modell wurde zwischen April 2004 und Januar 2008 in allen 16 Bundesländern in Deutschland eingeführt. Bis Ende 2009 hatten fast eine Million Fahranfänger an ihm teilgenommen. Zu diesem Zeitpunkt entschieden sich fast drei Viertel der Zielgruppe " sogenannte Früheinsteiger, die das selbstständige Fahren unmittelbar mit dem Erreichen von 18 Jahren anstreben - für das BF17. Dabei ist es in der Einführungsphase des BF17 zu einer temporären etwa fünfprozentigen Nachfragesteigerung nach Pkw-Führerscheinen bei den unter 19-Jährigen gekommen. Im ersten Jahr des selbstständigen Fahrens zeigen BF17-Absolventen 19 % weniger Unfallbeteiligungen und 18 % weniger Verkehrsverstöße im Vergleich zu gleichaltrigen Fahrern mit herkömmlichem Führerscheinerwerb. Nach Berücksichtigung konfundierender Faktoren (u.a. Geschlechtszugehörigkeit, Fahrzeugverfügbarkeit) verbleibt eine maßnahmenbedingte Verringerung der Unfälle um 17 % und der Verkehrsverstöße um 15 %. Bei Berücksichtigung der Fahrleistung verringern sich die Unfälle um 22 % und die Verkehrsverstöße um 20 %. Die Ergebnisse sind statistisch signifikant und gelten für Männer wie Frauen. Dies bestätigt sich in der Wiederholungsuntersuchung auf Basis der VZR-Daten mit einer Ausnahme: Für die ehemaligen BF17-Fahrerinnen und hier allein für die VZR-Verstöße ohne Unfall ist keine signifikante Reduktion festzustellen. Allerdings liegt deren Zahl ohnehin schon um drei Viertel niedriger als bei den Männern. Rein rechnerisch gesehen, verhinderte das BF17 im Jahr 2009 rund 1.700 Unfälle mit Personenschaden.
Auf Grundlage von gebräuchlichen und anerkannten Modellen im Kontext der Fahrzeugführung werden zentrale Konzepte identifiziert, die mögliche Ansatzpunkte von langfristigen Wirkungen von Systemen zur Erkennung des Fahrerzustands bilden. Dabei werden nicht nur klassische Mehr-Ebenen-Modelle der Fahraufgabe mit beteiligten Kontrollprozessen berücksichtigt, sondern auch weitere Blickwinkel eingenommen, die in individuellen Persönlichkeitsmerkmalen, Einstellungen oder dem Fahrstil wichtige moderierende Einflussfaktoren identifizieren. Im Rahmen eines allgemeinen Evaluationsansatzes können grundlegende Taxonomien von Bewertungsverfahren, diverse Charakterisierungen von Bewertungsdimensionen sowie wichtige und zu dokumentierende Attribute und Fragestellungen von Evaluationsuntersuchungen beschrieben werden. In diesem Rahmen werden aus den betrachteten Modellen und Konzepten Kriterien abgeleitet, Aspekte der Operationalisierung erörtert sowie methodische Erhebungsansätze vorgeschlagen und diskutiert. Die Bandbreite der betrachteten Methoden ist vielfältig und reicht von unstrukturierten Befragungen über den Einsatz standardisierter Fragebögen bis hin zur maschinellen Erfassung von fahrrelevanten Kenngrößen über fahrzeugeigene Sensorsysteme. Besondere Bedeutung für die Realisierung einer Evaluationsstudie wird möglichst realitätsnahen Erhebungsumständen beigemessen. Daher wird als Rahmenansatz ein Field Operational Test zur Integration der diversen Erhebungsverfahren vorgeschlagen.