83 Unfall und Mensch
Ziel der Untersuchung war, die Frage zu klären, inwieweit die Verwendung von fluoridhaltigen Blutentnahmesystemen einen Vorteil in Begutachtungsfragen bei Cocain-Konsumenten bringen kann. In einigen Bundesländern werden diese Blutentnahmesysteme bereits seit Jahren angewendet, um einer Zersetzung von Cocain entgegenzuwirken (Inhibition der Esterasen im abgenommenen Blut). Entsprechende Empfehlungen finden sich auch in den Richtlinien der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh). Bei der Verwendung Fluorid-stabilisierter Blutentnahmesysteme fanden sich in mehr als 50 Prozent der Fälle neben dem nicht aktiven Stoffwechselprodukt Benzoylecgonin (BE) auch Cocain (ein Beleg des zeitnahen Konsums) im Blut. Seit Mitte 2007 ist neben dem Stoffwechselprodukt BE auch die Muttersubstanz Cocain im Anhang zu Paragraf 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) aufgeführt. Aus forensisch-toxikologischer Sicht ist die Verwendung fluorid-stabilisierter Entnahmesysteme zwingend anzuraten, da nur dann ein Nachweis der aktiven Muttersubstanz Cocain selbst ermöglicht wird.
In der Akutphase eines Rausches durch Stimulanzien sind die erwünschten Wirkungen nicht zwingend mit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit in Verbindung zu bringen. Eine gesteigerte physische Leistungsfähigkeit kann sogar zumindest kurzfristig mit einer Verbesserung der Fahrleistung einhergehen. Es sind eher die unerwünschten Akutwirkungen, insbesondere aber die Nachwirkungen eines Rausches, die Einfluss auf die Fahrsicherheit nehmen können. Ziel der Untersuchung war es, Konzentrationsbereiche und verkehrsmedizinisch relevante psychophysische Auffälligkeiten von Fahrzeuglenkern zusammenzuführen und zu überprüfen, in welcher Rauschphase eine Teilnahme am Straßenverkehr erfolgt ist beziehungsweise kritisch zu sein scheint. 8.824 Fälle, bei denen eine aktive Teilnahme am Straßenverkehr erfolgt war, wurden daraufhin untersucht. Im Vergleich zu anderen (zentral dämpfenden) Substanzklassen sind bei Amphetaminen weniger psychophysische Leistungsdefizite bei der Polizei und dem Blutentnahmearzt dokumentiert, allerdings werden Personen prinzipiell sowohl in der Akutphase als auch in der nachfolgenden Ermüdungsphase auffällig. Die Ergebnisse bestätigen, dass nach dem Konsum von Amphetaminen generell keine eindeutigen Konzentrations-Wirkungsbeziehungen zu beobachten sind.
Im Falle von Nachtrunkeinlassungen ist die Begleitstoffanalyse (BGA) ein anerkanntes Instrument zu deren Überpruefung. Methanol ist einer der forensisch relevanten Begleitalkohole, die bei der Begleitstoffanalyse überprüft werden. Oft kann die BGA den Nachtrunk weder bestätigen noch ausschließen, ein erhöhter Methanolspiegel hat deshalb als Marker für eine stundenlang vorbestehende Ethylalkoholbeeinflussung von mehr als 0,5 bis 0,7 Promille eine besondere Bedeutung. Oft gehörte Einlassungen zur Erklärung erhöhter Methanolspiegel sind nach Erfahrung von Rechtsmedizinern der Genuss von Obst, so zum Beispiel Orangen, Pampelmusen, Birnen und auch Tomaten, Saftkonsum oder eine Methanolexposition am Arbeitsplatz. Es werden zwei Fallbeispiele vorgestellt, in denen diese Einlassungen experimentell überprüft wurden. Im ersten Fall wurde der Methanolspiegel mit dem Genuss verdorbenen Fruchtsafts begründet, im zweiten Fall wurde ein Nachtrunk mit Klosterfrau-Melissengeist beziehungsweise eine Diät mit Obst angegeben. Ob Methanolspiegel nach dem Konsum von Obst tatsächlich hoch ansteigen können, wurde in Probandentests untersucht. Bei einigen Probanden wurden hohe Methanolspiegel von etwa 10mg/l nach exzessivem Obst- und Fruchtkonsum vorgefunden. Bei der Bewertung dieser Spiegel als Marker für eine chronische Alkoholbelastung ist deshalb Vorsicht geboten. Verdorbener Obstsaft enthält lediglich geringe Konzentrationen von Alkohol und Methanol.
The average CO2 concentrations relevant to a motorcyclist wearing an integral helmet were measured twenty years ago and found to be alarmingly high. The present study examined gas concentrations typically inhaled by a motorcyclist. Average concentrations of CO2 for persons (n=4) wearing integral motorcycle helmets were measured in the laboratory and the field to facilitate comparison to previous work, and similarly high average concentrations were found: above 2% when stationary, well below 1% for speeds of 50km/h or more. Detailed measurements of the time-dependent CO2 concentrations during normal inhalation showed levels of about half of the corresponding average concentrations, including 1% at standstill, though higher concentrations (4% or more) are inhaled at the beginning of each breath. Opening the visor at standstill lowered the average inhaled concentration only to about 0.8%. The oxygen deficiency is equal to the CO2 concentration, and could also contribute negatively to motorcyclist cognitive abilities.
Das Ziel der vorliegenden Untersuchung zu den verkehrssicherheitsrelevanten Folgen des Cannabisgebrauchs war es, Daten zur potenziellen und tatsächlichen verkehrsbezogenen Gefährlichkeit im Hinblick auf die Fahreignung zu evaluieren. Im ersten Teil der Untersuchungen wurde durch die Düsseldorfer Arbeitsgruppe eine detaillierte Analyse der vorhandenen Forschungsliteratur zu den neuropsychologischen und psychiatrischen Effekten des Cannabiskonsums durchgeführt, die sowohl die Konsistenz eines Beeinträchtigungsnachweises als auch die Qualität der vorhandenen Studien berücksichtigt hat. Die meisten konsistent nachgewiesenen Defizite wurden dabei für die Konsumsituation des "Gelegenheitskonsumenten nach akutem Konsum" gefunden. Für abstinente oder sich in der Residualphase befindende Gelegenheitskonsumenten sind bisher keine Defizite auf Verhaltensebene konsistent nachgewiesen worden. Weiterhin wurden keine Hinweise dafür gefunden, dass bei regelmäßigen Cannabiskonsumenten nach akutem Cannabiskonsum oder während der Abstinenz mit stärkeren Verhaltensdefiziten zu rechnen ist als bei Gelegenheitskonsumenten. Diese Befunde machen eine Unterscheidung zwischen gelegentlichen und regelmäßigen Cannabiskonsumenten bezüglich der zu erwartenden Verhaltensdefizite hinfällig. Im zweiten Teil wurden durch die Heidelberger Arbeitsgruppe als Cannabinoid-positiv ermittelte Fälle aus 3 Jahren (2000—2002), die im Straßenverkehr beobachtete Auffälligkeiten zeigten, unter Berücksichtigung der gemessenen Cannabinoid-Plasmakonzentrationen betrachtet. Dabei wurde geprüft, ob und gegebenenfalls welcher Zusammenhang zwischen den analytisch ermittelten Konzentrationen an THC und seinen Metaboliten und den Auffälligkeiten, die im ärztlichen Blutentnahmeprotokoll und im polizeilichen Bericht vermerkt sind, besteht. Weder die Gesamteinschätzung der Auffälligkeiten durch die Polizei und den Blutentnahmearzt noch die Beurteilung des Beeinflussungsgrades durch den Arzt waren jeweils mit den Serumspiegeln an THC oder 11-OH-THC (Carbonsäure) korreliert. Die Ergebnisse zeigen, dass durch Einschätzungen von Polizei und Arzt weder Art und Grad der Beeinträchtigung konsistent erfasst noch Personen mit regelmäßigem und gelegentlichem Konsum sich mit der notwendigen Sicherheit voneinander trennen lassen. Welche Aspekte sich daraus in Hinblick auf die Fahreignungsdiagnostik ergeben, wird im letzten Kapitel angesprochen.