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Keywords
- Bridge (1)
- Brücke (1)
- Heavy goods traffic (1)
- Schwerlastverkehrs (1)
- Torsion (1)
Eine Torsionsbeanspruchung stellt eine der grundsätzlichen Belastungsarten eines Balkenbauteils dar, wobei die Beanspruchung zumeist in Kombination mit einer ergänzenden Biege- bzw. Querkraftbeanspruchung einhergeht. Die Nachrechnung zahlreicher älterer Bestandsbrückenbauwerke infolge des gestiegenen Schwerlastverkehrs zeigt, dass gerade bei den Beanspruchungsarten Querkraft und Torsion vielfach rechnerische Defizite festzustellen sind, obwohl das äußere Erscheinungsbild oft noch keine Anzeichen einer Überbeanspruchung erkennen lässt.
Während die Bemessungsmodelle für Stahlbeton- bzw. Spannbetonbauteile für Querkraft durch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten immer weiter verfeinert wurden, sind in den letzten 40 Jahren in Deutschland sowie international im Vergleich deutlich wenigerer Untersuchungen zu Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen unter Torsionsbelastung durchgeführt worden. Um einen ergänzenden Beitrag zur Forschung an torsionsbeanspruchten Bauteilen zu leisten und torsionsbeanspruchte Bauteile in gleichem Maße sicher und effizient auszunutzen, wie dieses unter Querkraftbeanspruchung möglich ist, wurde im Rahmen des vorliegenden Projektes Folgendes erbracht:
1. Zusammenfassende Darstellung des Sachstandes bzw. aktueller Bemessungsmodelle zur Torsionstragfähigkeit von Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen.
2. Erstellung einer Datenbank bestehend aus 1.527 Torsionsversuchen an Stahlbeton- und Spannbetonbalken in Kombination mit Beanspruchung infolge Biegung, Normalkraft und Querkraft. Der Aufbau der Datenbank erfolgte angelehnt an die international anerkannten ACI-DAfStb Shear Databases.
3. Überprüfung der Torsionstragfähigkeit von Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen in Kombination mit Biegung, Normalkraft und Querkraft im Kontext des aktuellen Eurocode anhand der Datenbank. Basierend auf den Auswertungen wurden Sicherheitsdefizite bzw. Optimierungspotentiale aufgezeigt.
Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
(1) Mit dem Torsionsmodell der DIN EN 1992 werden die experimentellen Bruchlasten grundsätzlich gut erfasst. Sicherheitsdefizite bestehen lediglich bei der Druckstrebentragfähigkeit.
(2) Bezüglich der Druckstrebnneigung zeigen die durchgeführten Untersuchungen, dass ausgehend von der Rissneigung im Grenzzustand der Tragfähigkeit eine Rotation auf den Plastizitätswinkel möglich ist. Für Bauteile ohne Normalkraftbeanspruchung konnte anhand der Datenbank eine maximale Rotation von 20° festgestellt werden, mit steigender Normalkraftbeanspruchung und damit flacher werdendem Risswinkel nimmt das Rotationspotential ab.
(3) Die Druckstrebentragfähigkeit unter Torsionsbeanspruchung liegt gemäß den durchgeführten Untersuchungen sowohl nach DIN EN 1992 als auch nach dem Rechenansatz der prN EN 1992 (Fassung Oktober 2021) auf der unsicheren Seite. Dieses wurde bereits in ZEDLER 2011 festgestellt und ist vor allem darin begründet, dass sich der äußere Teil der Betondeckung unter Torsionseinwirkung teilweise der Beanspruchung entzieht.
(4) Die Datenbankauswertungen bestätigen die Untersuchungen von THÜRLIMANN 1975, ZEDLER 2011 bzw. STAKALIES 2021, nachdem auch Bewehrung im Inneren des idealisierten Hohlkastens einen Beitrag zur Torsionstragfähigkeit liefert und als Torsionslängsbewehrung ansetzbar ist.
(5) Darüber hinaus zeigen die Auswertungen an der Datenbank vor allem unter kombinierter Beanspruchung (Torsion mit Biegung bzw. Querkraft), dass die rechnerischen Bruchmomente im Regelfall überschritten werden und daher offensichtlich noch Traglastreserven bestehen. Dieses wird im Wesentlichen auf Umlagerungen der Längsbewehrung innerhalb des Querschnittes sowie auf die Tragwirkung der ungerissenen Betondruckzone zurückgeführt.
Basierend auf den o. g. Erkenntnissen wurden Empfehlungen für eine Weiterentwicklung des Torsionsmodells des Eurocode 2 abgeleitet, einmal im Hinblick auf die Bemessung von Neubauwerken und einmal im Hinblick auf die Nachrechnung von Bestandsbauwerken.
Im Rahmen des Forschungsprogramms "Innovationsprogramm Straße" wurden vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) die folgenden drei Projekte zum Thema "Adaptive und intelligente Brücken der Zukunft" gefördert: - "Adaptive Tube-in-Tube Brücken", - "Roadtraffic Management System", - "Adaptive Spannbetonstruktur mit lernfähigem Fuzzy-Regelungssystem". Bei dem hier beschriebenen Projekt "Adaptive Tube-in-Tube Brücken" werden Lösungen für künftige Brückenneubauten vorgestellt, bei denen eine bestehende Brücke zu einem späteren Zeitpunkt adaptiv an sich ändernde Randbedingungen angepasst werden kann. Die grundsätzliche Idee ist, eine primäre Struktur (Hohlkasten) durch eine nachträgliche Ergänzung von sekundären Strukturen (z. B. Streben, vorgespanntes Fachwerk) zu ergänzen und so durch eine Kombination der Tragmechanismen eine Steigerung der Gesamttragfähigkeit sowohl für lokale als auch für globale Lasten zu erreichen. Im Forschungsprojekt wurden die Grundlagen für eine adaptive Brückengestaltung und ein ganzheitliches Verstärkungskonzept entwickelt sowie in einem zweiten Schritt die Wirkung der vorgeschlagenen Verstärkung anhand eines praxisnahen Beispiels untersucht.